DFDC meets EM

Im Jahr 2016 gab es erstmals eine Kooperation der Dresden Frankfurt Dance Company (DFDC) mit dem Ensemble Modern (EM). Diese wurde nun mit der Uraufführung eines Ballettabends in der Choreografie von Jacopo Godani fortgesetzt, der vom 12.–22. Dezember 2019 im Bockenheimer Depot präsentiert wurde. Die Tänzerinnen und Tänzer der Dresden Frankfurt Dance Company und die Musikerinnen und Musiker des Ensemble Modern waren erneut zusammen auf der Bühne zu erleben.

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Von der Begegnung zwischen Musikensemble und Tanzensemble zeugen auch die Pausen zwischen den drei Teilen des Abends. Wenn sich Musiker vor den Augen der Zuschauer einspielen, warum sollten sich nicht auch die Tänzer vor ihren Augen aufwärmen und vorbereiten?

Wieder einmal eine wunderbare Aufgabe ein Sounddesign zu erstellen, welches Tanz und Livemusik miteinander verbindet. Allerdings waren die Aufgabenstellungen andere, als bei dem Projekt mit Emanuel Gat in Avignon, Frankfurt, Bonn, Antwerpen und Paris.

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Im Bockenheimer Depot sollte das Publikum die Aufführenden, also Tänzer und Ensemble, umgeben und es sollte eine Nähe zwischen den Protagonisten und Zuhörern/Zuschauern hergestellt werden.

Hieraus entwickelte sich für mich die Idee, den Zuhörerraum in verschiedene Hör-zonen aufzuteilen. Diese Hörzonen wurden so gewählt, daß das Ensemble aber immer richtungsbezogen gehört und erlebt werden konnte, auch bei verschiedenen Aufstellungen, unterschiedlicher Spielweise und Kompositionen.

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Diese Hörzonen waren Klangbereiche/Klangzonen für Zuhörer aber auch Tänzer. Dem ”Gesetz der ersten Wellenfront” (Haas Effekt) folgend, entstanden daraus vier ver-schiedene Hörzonen/Soundfields:

Der Ensemblebereich, also der Ort an dem das Ensemble aufgestellt war, die seit-lichen Zuhörerbereiche links und rechts der Tanzfläche, die Tanzfläche selber und
die Hauptzuschauertribüne.

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Diese Entwicklung der verschiedenen Soundfields folgt auch meinem Prinzip der Hör-barkeit für die Aufführenden, also dem Gedanken, daß ein guter Klang nur entstehen kann, wenn er schon am Aufführungsort besteht.

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Durch die verschiedenen Aufstellungsformen des Orchesters war es notwendig, für jedes der Werke ein abgeändertes Sounddesign zu entwickeln, welches aber auch während der Aufführungen schnell zu reproduzieren war (es gab kurze Pausen zwischen den Werken). Eine Adaptierung meines Sounddesign im Verlauf des Abends war aber auch bedingt durch die Choreographie (die entgegen den Bedürfnissen der musikalischen Aufführungspraxis handelte) und die sehr unterschiedlichen musikalischen Kompositionen.

Bei der Aufführung des Werkes Attac Decay von Johannes Motschmann, wurde vom Choreografen eine besonders weite Aufstellung gewählt. Bei diesem Werk, welches schon wegen seiner rhythmischen Struktur in einer normalen Aufstellung schwer zu spielen war, wurde von mir ein ausreichendes Monitoring für die Musiker vorgesehen, das ihnen erlaubte, auch in dieser Aufstellung zu spielen. Des Weiteren wurden die Delayzeiten der verschieden Lautsprechersysteme (Hörzonen)so gut eingestellt, daß auch bei dieser impulsreichen Musik der Klang beim Ensemble blieb und keine Echoeffekte -selbst bei größerer Lautstärke- zu verzeichnen waren.

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Bei dem zweiten Werk des Abends (Béla Bartók Streichquartett Nr.4) wurden die Musiker fast in die Mitte der Tanzfläche gerückt. Hier wurde das Sounddesign / Klangregie von mir so gestaltet, daß der Klang natürlich beim Quartett blieb, aber auch so projiziert wurde, daß er zu dem großen Bild der Aufführung passte. Der Zu-hörer sollte den Eindruck gewinnen, er säße im Ensemble. Dies auch dem Gedanken folgend, die Musik ”so groß zu zeigen”, wie das Bild.

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Beim dritten Werk (Johannes Schöllhorn, Anamorphes) bestand der Reiz darin, daß die Musik zu einem großen Teil sehr, sehr leise geschrieben war (zu langen Teilen in dreifachem Pianissimo). Im Gegenzug bestand aber die Choreographie darin, daß diese sehr geräuschhaft war. Die Lösung mußte also hier darin bestehen, einen sehr großer Klang zu er-zeugen, welcher den Raum füllte, gleichzeitig aber auch der Kom-position gerecht zu werden. Auch dies war möglich, da die Lautsprechersysteme ent-sprechend ausgewählt waren und der Richtungsbezug gegeben war. Die Klangregie wurde von mir so ausgeführt, das immer Musikalische Bögen gesucht und gezeigt wurden.

Alle neun Aufführungen im Bockenheimer Depot waren fast immer ausverkauft und sehr erfolgreich.

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