BLACK BOX / RUNTIME ERROR in Köln & Paris

Auf den ersten, oberflächlichen Blick scheint dies banal zu sein. Doch Simon Steen-Andersen ist alles andere als ein Illustrator von Klängen. Mit seinen Kompositionen betreibt er oft auch ein Verwirrspiel, bei dem sich nicht mehr ganz genau differen-zieren lässt, ob das, was wir sehen, das akustische Ereignis erzeugt und bestimmt oder umgekehrt.

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In Black Box Music (2012) werden dergestalt Gesten eines Dirigenten in einer Art Puppentheaterbühne ausgeführt. Den Schlagzeuger, der diese Gesten ausführt, be-kommen weder die davor spielenden Musiker noch die Zuschauer ganzkörperlich zu sehen. Er bleibt reduziert auf seine Hände, die nicht nur dirigieren, sondern im ge-schlossenen Kasten zusätzlich allerhand Dinge – den Puppentheatervorhang, Gummi-züge, Luftschlangen und anderes Gerät – zu bedienen haben, bis hin zum surrealen Slapstick. Einblick erhält man in diesen Kasten nur durch die überdimensionale Videoprojektion mithilfe einer Miniaturkamera, so dass das Ganze wie eine Guck-kastenbühne oder ein Zauberkasten erscheint. Für den Zuschauer und Hörer bleibt jedenfalls offen, ob die darin stattfindenden Gesten und Ereignisse nun die Musiker steuern oder ob sie eine Choreografie des Klang-verlaufs darstellen. Dem Ganzen bleibt etwas Unheimliches eingeschrieben, denn im Grunde ist dieser Zusammen-hang von Bild und Klang auch ein Ungeheuerlicher.

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Die seit 2009 entwickelte, ortsspezifische Live-Musik-(Vorab-)Video-Komposition
Run Time Error folgt strengen Regeln: »Als Drehorte kommen ausschließlich Originalschauplätze in Frage, Requisiten dürfen nicht herbeigeschafft werden. Es dürfen nur Objekte und Instrumente verwendet werden, die vor Ort sind. Jedes Objekt oder Instrument darf nur einmal verwendet werden. Jeder Klang und jede Aktion müssen einen unmittelbaren Bezug zum/zur vorangegangenen bzw. nachfolgenden Klang/Aktion haben.« Die erste Aktivität des Aufführenden (oft ist es der Komponist selbst) ist die akustische Vermessung des Aufführungsraumes und das Aufspüren von dort befindlichen Klanggerätschaften. Dieses Erkundungstour wird per Video aufge-zeichnet. Später sieht man während der Live- Darbietung mit Ensemble auf dem Video, so skizziert es der Baden- Badener Musikjournalist Michael Rebhahn, wie der Performer »Gegenstände, Geräte und Architekturelemente betastet, beklopft, in Gang setzt und die entstehenden Klänge mit einem Handmikrophon aufzeichnet.

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Bisweilen sind die Gegenstände nach dem Prinzip von Was-passiert-dann-Maschinen angeordnet bzw. werden äußert phantasievolle Möglichkeiten der Klangerzeugung realisiert. Dem Performer auf den Fersen ist ein Kameramann, der das Geschehen im Bild dokumentiert«. Bei der Live-Aufführung mit Ensemble stehen dem Performer – nun mit zwei Joy-Sticks ausgestattet – zwei Aufnahmen der Video- und der Tonspur zur Verfügung; so kann er via zwei Projektionsflächen die Vorab-Aufzeichnungen Informationen unabhängig voneinander steuern und auch im Zeit-verlauf manipulieren. Und Ohren wie Augen werden dabei ganz schön getäuscht.

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Um BLACK BOX und RUN TIME ERROR aufführen zu können, wurde in das Depot des Schauspiel Köln und den Konzertsaal des Centre Pompidou in Paris ein erweitertes 5.1 Lautsprechersystem eingerichtet. Diese Systeme bestanden aus Einheiten von Meyer Sound und D&B Audio Lautsprechern in Köln und L-Acoustic Systemen gemischt mit Meyer Sound Lautsprechern in Paris.

Das 5.1 Design wurde erweitert durch Systeme im sogenannten Nahfeld, um einen Konzertklang in den ersten Zuschauerreihen zu verwirklichen. Des- weiteren wurde eine zusätzliche Sound-Projektionsfläche auf der Bühne gebildet, durch Systeme die im Bereich der Leinwand installiert waren.

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Für die Aufführenden wurden zusätzlich zum Livesound 11 Monitorwege auf der Bühne und im Saal gemischt, um eine musikalische Aufführungspraxis zu gewährleisten. Zur Synchronisation dienten auch 16 InEar Kopfhörer, die die Musiker zeitweise mit einem sog. Clicktrack versorgten.